Depression - Dr. Annette Wallisch-Tomasch (Instahelp)
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Raus aus dem Gedankenkarussell – bitte Einsteigen in die Zukunft!

Kognitive Verhaltenstherapie bei krankmachenden Gedanken

Kennen Sie das? Gedankenkreisen – dieses mentale Karussell im Kopf, das sich einfach nicht aufhören will zu drehen? Wie eine hängengebliebene Schallplatte. Nagende Zweifel, mentale Spaßbremsen, die uns depressiv, ängstlich und lustlos machen. Worst Case bis zur psychischen Erkrankung. Machen wir uns auf Lösungssuche…

Alle guten Dinge sind DREI: Die Kognitive Triade

Die Strategie, sich im Alltag genau zu beobachten, dabei Notizen zu machen, daraus Schlüsse zu ziehen und Neues auszuprobieren ist eines der Grundprinzipien der Verhaltenstherapie. Selbstbeobachtung, Fine-Tuning in der Selbstwahrnehmung ist hier der Trick. In der Kognitiven Verhaltenstherapie geht es um das Erkennen von Gedanken, die uns krank machen. Diese betreffen die magische „kognitive Triade“:

Weltbild, Selbstbild, Zukunftsbild

 
Annahmen, die die Welt, uns selbst und unsere Zukunft betreffen, prägen und leiten uns in unserem Denken, Fühlen und Handeln.

Diese Bilder spiegeln sich in unseren Gedanken, die sich in bestimmten Situationen als „automatische Gedanken“ aufdrängen.

Aaron T. Beck (ein wichtiger Vertreter dieser Therapieform) sprach von „dysfunktionalen“ Gedanken, also Sätze, die keine sinnbringende Funktion haben. Gut möglich, dass Sie in einer akuten Situation aus der Vergangenheit Trost- oder und Erklärungsfunktion hatten. Aber nun haben Sie den Zweck verloren und treiben ihr mentales Unwesen.

Besonders bei Depressionen und Ängsten führen diese Gedanken sehr häufig ein dunkles Regiment in uns.

Drei Gedankenfallen

(Beck nennt noch eine ganze Menge):

  • Schwarz-Weiss-Denken: “Ganz oder gar nicht, sonst bringt es nichts!”
  • Alles-auf-sich-Beziehen: “Nur wegen mir hat der Laden heute geschlossen!”
  • Irrationale Schlussfolgerungen: “Ich muss den anderen gefallen, sonst bin ich nichts wert.”
In der psychologischen Therapie nimmt man nun die Lupe zur Hand und betrachtet sich im Alltag genau. Wann habe ich welche Gedanken? Welche Sätze machen mich „fertig“? Wann kommen Sie (Auslöser), wie oft (Häufigkeit) und wie verschwinden sie (Bewältigung)?

 

Tagebuch für böse Gedanken: Dort dürfen Sie sein

Hier kann man ein Tagebuch zur Hand nehmen, in dem man auslösende Situationen beschreibt, und die irrationalen – also nicht logischen – Gedanken dazu notiert.

“Alle anderen schaffen es, nur du nicht” (Kommt Ihnen das bekannt vor?)

Dann geht’s los: Wir haben nun unsre Killerphrasen identifiziert. Nun gilt es sie auszuhebeln. Mit neuen Sätzen, die wir in unseren Kopf pflanzen. Realistische Gedanken, die angstbesetzte Fantasien korrigieren. Mut machende Sätze:

“Ich mache es anders, aber ebenso gut”

Und als Gegenpol zu den obigen drei Annahmen: ” Ich darf Schritt für Schritt vorangehen. Das ist gut genug.” – “Wegen Urlaub geschlossen – Ich nehm’ dann auch bald Zeitausgleich!” – “Die kleinen Macken machen mich erst besonders.”

Starke Sätze tun immer gut – nicht nur in der dunklen Lebensphase!

Seit den 60er Jahren hat sich in diesem Bereich sehr viel getan. Die Arbeit mit Gedanken wird nicht nur in der Therapie genutzt, wo es um krankheitswertige Symptome wie Depression, Zwangs- und Angststörungen geht.

Im Mentaltraining beispielsweise arbeitet man – bevorzugt im Sport – mit bunten Aspekten von Gedanken und Verstärker-Sätzen, sogenannten Affirmationen: Motivations-Sätze, die unsere Gefühle („Ich fühle mich stark und gesund!“, unsere Technik („Ich halte meinen Arm gestreckt!“) und unsere Motivation betreffen („Ich schaffe das!“). Damit bin ich glücklicher, erfolgreicher und kann meine Visionen verwirklichen.

Unsere neuen Sätze „tackern“ wir uns dann auf die Stirn, beten Sie uns in den kritischen Situationen vor, bis wir daran glauben müssen – und wollen.

Special für Streber – Gefühlstagebuch de luxe

Bei manchen Menschen ist es möglich, dass auch der beste positive Satz keinen Erfolg zeigt. Dass kognitive „Tricks“ einfach keinen Erfolg bringen. Das geschieht, wenn er bei uns emotional nicht im Inneren ankommt. Der Kopf versteht, aber das Herz/der Bauch spürt es nicht. Hier ist die Devise, mehr ins Fühlen zu gehen. Ins Erleben.

Sie können ein Gefühlstagebuch starten. Tagebuch „deluxe“ sozusagen. Damit erkennen Sie neue Zusammenhänge und können als zweiten Schritt wunderbar nutzlose, alte Muster durchbrechen.

Verhalten beobachten: Gedanke – Gefühl – Körper → Handeln

Welche Gedanken machen sich breit? Was fühle ich gerade? Wann hatte ich das Gefühl zum ersten Mal? Was macht das mit meinem Körper – wo spüre ich das? Wie verhalte ich mich dann?

Wenn Sie kein Freund von Listen und Protokollen sind – gehen Sie in Beratung oder Therapie. Methoden und Therapierichtungen die körper- und erlebnisorientiert sind, bringen Sie wieder mehr ins Spüren und weg von den mentalen Verknotungen. Überall wo gut begleitete Selbsterfahrung möglich ist, lernen wir uns ein Stück besser verstehen.

 

Oder ganz anders: Kopf aus, Gefühl an!

Im Alltag sind es beispielweise achtsamer Sport, asiatische Bewegungslehren, Entspannungsverfahren, Musiktherapie und Naturerlebnisse die uns unserem ganzheitlichen Selbst-Erleben wieder näherbringen. Und bald schließt sich „the missing link“ vom mentalen Verständnis zum Spüren, dass es so gut ist.

Auf in neue Gefielde!

Fotocredit: (c) iStock.com/AD077

Aktualisiert am: 27. Juli 2023