Selbstwert - Sabine Otremba
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Veränderung: Die Magie der kleinen Schritte

Wir Menschen sind manchmal sonderbar. Wir können uns jahrelang mit bestimmten Umständen arrangieren – doch wenn wir dann der Meinung sind, dass eine Veränderung fällig ist, hat es bitte sofort zu geschehen. Unser Geduldsfaden ist diesbezüglich plötzlich so kurz wie die Zündschnur an einer Silvesterrakete. Dabei überschätzen wir gerne mal, was wir innerhalb kurzer Zeit bewegen können. Und unterschätzen im Gegenzug, was wir innerhalb eines Jahres zu schaffen in der Lage sind. Wenn wir dranbleiben und uns mental auf Widerstände einstellen.


Nun gibt es tatsächlich Menschen, die einfach von heute auf morgen den Hebel umlegen. Viel öfter basiert nachhaltige Veränderung allerdings auf der Magie der kleinen Schritte. Und der regelmäßigen. Gehen wir täglich nur einen kleinen Schritt in Richtung Ziel, erscheint uns das, was wir da machen, vielleicht lächerlich und nicht erwähnenswert zu sein. Bleiben wir jedoch konsequent dran und integrieren unsere Ziel-Schrittchen in die Alltagsroutine, können wir Berge versetzen. Was uns allerdings oft erst in der Rückschau so richtig bewusst wird.

Wie Veränderung gelingen kann

Erstaunlicherweise fällt uns mitunter allerdings schon das kleinste Schrittchen in Richtung Veränderung so schwer, als stünde uns die Besteigung des Mount Everest bevor. Und das gilt selbst dann, wenn wir für diese Veränderung wirklich bereit sind und auch aktiv werden wollen. Stellen wir uns mental also gleich darauf ein und überlegen vorher, wie wir damit umgehen können.

  • Gefühle mit ins Boot zu holen.

    Die angestrebte Veränderung mag in der Theorie noch so schön klingen. Oder gesund, vernünftig und klug sein. Ist die Idee jedoch eine reine Kopfgeburt, wird uns unterwegs schnell die Luft ausgehen. Gelingt es uns hingegen, sie gefühlsmäßig so positiv aufzuladen, dass wir gar nicht anders können, als diese Richtung anzustreben, bleiben wir leichter dran. Und je genauer wir wissen, was wir erreichen oder wie wir uns fühlen wollen, desto besser werden wir Verlockungen trotzen. Oder ihnen wenigstens nicht allzu oft nachgeben.

  • Worst-Case-Szenario heraufzubeschwören.

    Eben waren wir noch Feuer und Flamme – doch plötzlich erwischt uns eine heftige Zweifelattacke. Was tun? Das Worst-Case-Szenario bemühen. Was geschieht, wenn wir jetzt aufgeben? Wie geht es dann weiter? Und wie werden wir uns fühlen, wenn wir in einem oder zwei Jahren die Liste mit sorgsam ausgearbeiteten Veränderungsvorsätzen finden – von denen wir nicht einen in die Tat umgesetzt haben – auch diesen nicht?

  • Nicht nur bis zur nächsten Ecke denken, sondern zwei bis drei Schritte weiter.

    Planen wir, regelmäßig Sport zu treiben, wird uns unser Kopfkino prompt die schönsten Bilder schicken. Die gemütliche Couch, eine Tüte Chips, ein Gläschen Wein und dazu ein spannender Film oder gleich die Lieblingsserie auf Netflix. Wohlgefühl auf Knopfdruck, das wir uns nach einem harten Tag wohl verdient haben. Denken wir allerdings ein wenig weiter, dann ahnen wir nicht nur, wie trügerisch dieses Wohlgefühl ist, wir wissen es. Weil wir es oft genug erlebt haben. Wir kennen den Kater, der der Verführung durch den Schweinehund folgt. Echtes Wohlgefühl geht anders. Und genau das müssen wir uns ins Gedächtnis rufen, wenn unser Veränderungswille ins Wanken gerät und sich häuslich auf der Couch einrichten möchte.

  • Die Selbstkontrolle nicht unnötig auf die Probe stellen.

    Gerade am Anfang tun wir uns einen Gefallen damit, wenn wir uns strikt auf das fokussieren, was wir erreichen wollen. Und dem, was uns davon abhält, aus dem Weg gehen. Auch können wir uns eine Scheibe von zielstrebigen Menschen abschneiden. Sie widerstehen Versuchungen leichter, da sie zielgerichtete Gewohnheiten entwickeln. Sie lassen sich nicht von ihren Lust- oder Unlustgefühlen durch den Tag treiben, sondern integrieren ihre Zielschritte in die Alltagsroutine. Etwa: Nach der Arbeit gleich zum Sport gehen – ohne Umweg über die Couch.

  • Tu es gleich!

    Jede Veränderung läuft auf folgendes hinaus: Tu es. In der Steigerungsform: Tu es gleich. Oder wie es Motivationstrainerin Mel Robbins in ihrer 5-Sekunden-Regel rät: Ab dem ersten Handlungsimpuls sollten wir innerhalb von 5 Sekunden eine physische Handlung vornehmen. Also die Idee beispielsweise wenigstens aufschreiben. Oder gleich ein paar Recherchen anstellen oder die Turnschuhe schnüren. Anderenfalls wird unsere Idee versanden, weil wir untätig bleiben werden, so Robbins. In dieselbe Kerbe schlagen die 72- oder die 48-Stunden-Regel, mit der Ausnahme, dass sie uns ein bisschen mehr Zeit zum Handeln lassen.

Ums Handeln allerdings kommen wir nicht herum und das nimmt uns auch niemand ab. Auch Rückschläge sind normal. Und sollte uns zwischenzeitlich doch mal die Ungeduld übermannen, wirkt folgendes Sprichwort ungemein erdend:

“Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht.”

 

Fotocredits: iStock.com/LoveTheWind

Aktualisiert am: 18. November 2019