Depressionen

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Depressionen zählen zu den häufigsten psychischen Erkrankungen. Die Ursachen sind vielfältig, ein hohes Risiko haben alleinstehende und ältere Menschen. Für die Behandlung ist eine enge Zusammenarbeit mit dem Arzt, der Ärztin bzw. dem Psychotherapeuten besonders wichtig. Depressive Menschen fühlen sich traurig, kraftlos, passiv und ohne Wert. Ihnen fällt jede Handlung und jede Entscheidung schwer – manche können nur noch schwer sprechen, denken oder sich erinnern und verlieren das Interesse an Vorgängen um sie herum. Viele beginnen sich vor Situationen zu fürchten, die früher problemlos bewältigt wurden. Häufig sind auch Zukunfts- und Existenzängste.

Der Körper reagiert mit Schlafstörungen, verstärkten Schmerzen wie Rücken- oder Kopfschmerzen, Verdauungsproblemen; der Appetit und die Lust auf Sex gehen verloren. Hoffnungslosigkeit, Antriebsschwäche und Ängstlichkeit führen dazu, dass sich die Betroffenen aus ihrer Umgebung zurückziehen.

Häufig wird über Tod und Sterben nachgedacht – Selbstmord wird zum Thema.

In schwereren Fällen kann es auch zu depressiven Wahnvorstellungen kommen.

Ursachen und Häufigkeit

Rund acht Prozent der Menschen leiden an Depressionen. Die Ursachen sind einerseits genetisch, andererseits hormonell, aber auch frühe Erfahrungen spielen eine Rolle in der Entstehung.

In der Österreichischen Gesundheitsbefragung 2014 berichteten zehn Prozent der Frauen und sechs Prozent der Männer, in den letzten zwölf Monate unter Depressionen gelitten zu haben. Bei drei Viertel dieser Frauen und mehr als zwei Drittel dieser Männer wurde die Diagnose Depression vom Arzt gestellt, Frauen sind in allen Altersgruppen häufiger depressionskrank. Am wenigsten von Depressionen betroffen sind Menschen im jungen Erwachsenenalter (Männer: zwei Prozent, Frauen: vier Prozent).

Zur Entstehung der Gemütsstörung gibt es verschiedenste Theorien. Im Allgemeinen wird heute von einer Wechselwirkung und gegenseitigen Verstärkung verschiedener Bereiche ausgegangen. Dazu gehören
  • biologische/genetische Faktoren: In Familien mit depressiven Mitgliedern kommt es deutlich öfter zu weiteren Krankheitsfällen; die Tendenz kann sich über die Generationen verstärken;
  • körperliche Faktoren: Im Gehirn von Depressiven werden zu wenig der Botenstoffe Serotonin und Noradrenalin ausgeschüttet, die für die Kommunikation der Nervenzellen zuständig sind. Es gibt auch Krankheiten, die Depressionen begünstigen, wie Schilddrüsenfunktionsstörungen oder die Parkinson-Krankheit.
  • Eine mögliche Erklärung dafür, dass Frauen häufiger erkranken, ist der Hormonhaushalt. Besonders bekannt sind depressive Verstimmungen vor der Menstruation oder kurz nach der Entbindung;
  • das Umfeld: Bei etwa einem Drittel der Erkrankten geht der Erkrankung ein belastendes Lebensereignis voran. Dazu gehören Probleme oder Überlastung in Familie und Beruf, finanzielle Nöte, Verlust/Tod eines geliebten Menschen oder neue Lebensphasen wie die Rente. Nach solchen schwerwiegenden Erlebnissen ist das Depressionsrisiko etwa ein halbes Jahr lang erhöht. Manche Menschen entwickeln jedoch auch mit eigentlich zufrieden stellenden Lebensumständen eine Depression;
  • frühe Erfahrungen: Psychologische Modelle sehen eine Depression als mögliche Reaktion auf früh erlernte Verhaltensmuster. Besonders gefährdet sind hier Menschen, die sich nicht als aktive Gestalter ihres Lebens sehen.

Viele Depressive haben schon vor der Krankheit ein pessimistisches Weltbild. Sie machen sich selbst gern für Misserfolge verantwortlich, während sie Erfolge dem Glück oder dem Zufall zuschreiben, und interpretieren Situationen oft in dem für sie ungünstigsten Licht.

Viele sind auch überdurchschnittlich leistungsorientiert, streng mit sich selbst und besonders verantwortungsbewusst.

Bei der neurotischen Depression werden ungelöste psychische Konflikte als Ursache vermutet.

Die weniger schwere saisonabhängige Depression wird durch einen Mangel an Sonne und Licht hervorgerufen oder verstärkt. Manchmal resultiert die allgegenwärtige Belastung in einer hochfunktionale Depression, einer Depression, die den Alltag nicht vollständig lähmt.

Risikofaktoren für die Entstehung

Bestimmte Personengruppen sind besonders gefährdet.

Ein erhöhtes Risiko für Depressionen haben
  • Alleinstehende und Menschen ohne soziale Unterstützung;
  • Männer und Frauen in den mittleren Lebensjahren sowie ältere Menschen;
  • Personen, die auch an anderen psychischen Krankheiten wie der Alkoholkrankheit, Drogensucht, Angsterkrankungen oder Essstörungen leiden; umgekehrt begünstigen Depressionen die Entstehung solcher Erkrankungen. Das könnte mit eine Erklärung für die geringere Zahl an diagnostizierten Depressionen bei Männern sein: Während Frauen eher über ihre psychischen Probleme sprechen, greifen Männer öfter zur Flasche oder werden aggressiv.
  • Auch manche Medikamente oder der Entzug davon können schwere Depressionen auslösen.

Depressionen verringern allgemein die Immunabwehr des Körpers: Depressive Menschen erkranken leichter und öfter als glückliche, ausgeglichene Menschen. Außerdem besteht ohne Behandlung eine hohe Selbstmordgefahr:
  • Ein Großteil aller Selbstmorde geht auf depressive Erkrankungen zurück.
  • Bis zu 15 Prozent der Depressionskranken setzen ihrem Leben vorzeitig ein Ende.
  • Etwa die Hälfte unternimmt im Laufe des Lebens einen Selbstmordversuch. Hoch ist die Selbstmordrate im Alter, vor allem bei alten Männern.

Beschwerden

Depressionen beeinträchtigen das Leben der Betroffenen in allen Aspekten.

Fast alle Menschen sind hin und wieder deprimiert oder „depressiv“. Die Auslöser von Stimmungstiefs sind vielfältig und müssen gar nicht immer einschneidende Erlebnisse wie der Verlust der Arbeit, eine Trennung oder ein Trauerfall sein. Auch körperliche oder geistige Über- oder Unterforderung oder einfach zu wenig Licht und Sonnenschein im Winter können depressive Verstimmungen auslösen.

Der Übergang von einer solchen vorübergehenden Befindlichkeitsstörung zur medizinischen Funktionsstörung Depression ist oft fließend und schwer festzumachen. Doch im Gegensatz zum seelischen Knacks, mit dem das Leben trotzdem noch bewältigt wird, beeinträchtigen Depressionen den Menschen in allen Aspekten: Das Denken, die Gefühle, das Verhalten verändern sich, die körperliche Gesundheit lässt nach, ein normales Leben wird unmöglich.

Fachleute teilen diese Gefühlsstörungen oft in primäre und sekundäre Depressionen ein: Primäre Depressionen entstehen unabhängig von psychischen oder körperlichen Erkrankungen, sekundäre Depressionen sind eine Folge davon. Im Gegensatz zur Schizophrenie oder der wahnhaften Störung bleibt hier der Realitätsbezug erhalten.

Von einer behandlungsbedürftigen Depression wird gesprochen, wenn die gedrückte Stimmung mindestens zwei Wochen lang andauert und mehrere der folgenden Punkte zutreffen:
  • Die Verstimmung ist stärker als sonst, hält die meiste Zeit des Tages und (fast) an allen Tagen an und wird auch durch äußere Umstände kaum beeinflusst.
  • Das Interesse und die Freude an Aktivitäten, die sonst Spaß gemacht haben – auch an Sex –, gehen verloren.
  • Es fällt schwer, „in die Gänge“ zu kommen; die Betroffenen fühlen sich kraftlos und müde, oft fehlt sogar die Energie, das Bett zu verlassen.
  • Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl sind stark angeschlagen.
  • Grundlose Selbstvorwürfe oder unangemessene, ausgeprägte Schuldgefühle nehmen überhand.
  • Die Gedanken kreisen immer wieder um Tod oder Selbstmord. Manchmal werden sogar erste Schritte in diese Richtung unternommen.
  • Denken, sich konzentrieren, sich erinnern oder Entscheidungen treffen fällt schwer.
  • Die Betroffenen sind besonders nervös, unruhig, können nicht still sitzen; oder sie bewegen sich wenig und verlangsamt.
  • Es kommt zu Schlafstörungen.
  • Der Appetit geht verloren oder wird übergroß, sodass sich das Gewicht verändert.

Leichte Depression: Zumindest zwei der ersten drei Symptome, insgesamt mindestens vier Symptome treffen zu; Notwendiges zu erledigen kostet große Anstrengung.

Mittelschwere Depression: Zumindest zwei der ersten drei Symptome, insgesamt mindestens sechs Symptome treffen zu; sie halten davon ab, Notwendiges zu erledigen.

Schwere Depression: Die ersten drei und mindestens fünf weitere Symptome treffen zu; es ist dadurch fast nie oder gar nicht mehr möglich, den Alltag zu bewältigen.

In jedem Fall kritisch ist, wenn an Selbstmord gedacht wird.

Durchschnittlich leidet jede sechste Person irgendwann im Leben an einer depressiven Störung, Frauen etwa doppelt so häufig wie Männer. Eine echte Depression entwickeln etwa vier Prozent der Männer und acht Prozent der Frauen. Depressionen beginnen häufig zwischen 35 und 40 Jahren, bei Männern tendenziell früher als bei Frauen. Prinzipiell kann man aber in jedem Alter depressiv werden.

Etwa die Hälfte der Betroffenen wird innerhalb der ersten drei Monate wieder gesund, bei einem Viertel kann es über ein Jahr dauern. 70 Prozent der Neuerkrankten haben später im Leben weitere Depressionsphasen – je länger die erste Depression andauert, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit.

Vorbeugung

Bewegung im Freien kann vor allem im Winter Stimmungstiefs vorbeugen.

Regelmäßige Bewegung im Freien kann ein Mittel gegen Depressionen sein. Hier wirken zwei Faktoren: die Bewegung selbst und das Tageslicht. Sonne tut zwar besonders gut, aber auch durch die Wolkendecke fällt untertags genug Licht. Schon zehn Minuten täglich im Freien streicheln vor allem im Herbst und Winter die Seele.

Ausgeglichene, aktive und zufriedene Menschen werden auch durch schwierigere Lebensumstände weniger leicht aus der Bahn geworfen wie als Personen, die zum Grübeln neigen, sehr selbstkritisch und konstant unzufrieden sind oder die glauben, Situationen hilflos ausgeliefert zu sein.

Natürlich sind Schicksalsschläge schwer zu verkraften, und Trauer ist ein wichtiger Prozess, dem genügend Zeit eingeräumt werden muss. Doch wenn das Leben als Ganzes durch den Verlust in Frage gestellt wird, ist es Zeit, Hilfe zu suchen.

Wer das Leben oft als grau und leer empfindet, häufig traurig ist oder über einen Schicksalsschlag lange Zeit nicht hinwegkommt, kann versuchen, mit psychologischer Unterstützung eine Umkehr zu mehr Lebensfreude zu schaffen.

Diagnose

Wird das Leben durch die dauerhaft gedrückte Stimmung eingeschränkt, sollte ein Arzt oder Psychotherapeut aufgesucht werden.

Sobald die Lebensqualität durch depressive Symptome beeinträchtigt wird, ist professionelle Hilfe zu suchen unbedingt zu empfehlen. Dringend nötig wird sie, wenn Selbstmordgedanken auftauchen oder bereits ein selbstgefährdendes Verhalten bemerkt wurde.

Der Arzt oder die Ärztin wird verschiedene Untersuchungen durchführen, um körperliche Erkrankungen auszuschließen. Vor allem bei Männern gestaltet sich die Diagnose einer Depression zuweilen schwierig, da die Symptome – Freudlosigkeit, Erschöpfung, mangelndes Selbstwertgefühl – oft durch Aggressivität überlagert sind.

Behandlung

Antidepressiva wirken nur in der Hälfte der Fälle, eine Änderung der Medikation muss mit dem Arzt abgesprochen werden.

Medikamentöse Behandlung

Eine enge Zusammenarbeit mit dem Arzt ist bei Depressionen besonders wichtig: um festzustellen, ob und welche Mittel im Einzelfall wirken – in rund der Hälfte der Fälle schlagen sie nicht an –, um Nebenwirkungen gering zu halten und um bei Bedarf auf ein anderes Mittel umzusteigen.

Jede Änderung – der Dosis, der Art des Medikaments, der Häufigkeit oder Uhrzeit der Einnahme –, muss gemeinsam mit dem Arzt erfolgen. Es dauert immer mehrere Wochen, bevor ein Effekt spürbar wird; ist dann jedoch noch keine Verbesserung zu bemerken, sollte auf ein anderes Präparat gewechselt werden. Andererseits müssen die Mittel auch dann weiter genommen werden, wenn sich die Stimmung verbessert hat: Ein plötzliches Absetzen kann einen – oft schwereren – Rückfall bewirken.

Es gibt heute eine ganze Reihe von Medikamenten, die nicht süchtig machen. Relativ wenig Nebenwirkungen haben die modernen Serotonin- und Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer oder selektive MAO-Hemmer. Bei schwereren Depressionen kann es trotzdem sinnvoll sein, mit den älteren Mitteln – trizyklischen oder tetrazyklischen Antidepressiva – zu beginnen.

Bei immer wiederkehrenden Krankheitsphasen oder bei großer Selbstmordgefahr wird manchmal Lithium oder Carbamazepin verschrieben. Lithium erfordert eine regelmäßige Kontrolle des Lithiumspiegels im Blut; damit es nicht zu Vergiftungen kommen kann, sollten diese Termine unbedingt eingehalten werden. Andere seltener eingesetzte Mittel sind Valproinsäure, Oxacarbamazepin und Lamotrigin.

Wer zusätzlich an Wahnvorstellungen leidet, kann eine Kombination aus Antidepressiva mit einem Neuroleptikum versuchen.

Bei hartnäckigen Schlafstörungen und gleichzeitigen Angstattacken kann die Therapie durch angstlösende Substanzen (Anxiolytika) und Beruhigungsmittel (Benzodiazepine) ergänzt werden. Sie sollten wegen der hohen Suchtgefahr allerdings nur ein paar Wochen lang eingesetzt werden.

Manche Depressionskranke, die einen manisch-depressiven nahen Verwandten haben, entwickeln während der Medikamenteneinnahme selbst manische Symptome. Darüber sollte sofort der Arzt informiert werden.

Ergänzende Maßnahmen

Eine Psychotherapie ist bei leichteren bis mittelschweren Depressionen als Behandlung oft ausreichend, Johanniskraut und Licht wirken stimmungsaufhellend.

Lichttherapie oder ein systematischer Schlafentzug erzielt bei manchen Erkrankten sehr gute Effekte.

Bei sehr schweren Depressionen, bei denen kein Medikament geholfen hat, kann eine Elektrokrampftherapie versucht werden. Sie entspricht den früher eingesetzten „Elektroschocks“, wird heute allerdings unter Vollnarkose und mit muskelentspannenden Mitteln zur Schmerzbekämpfung durchgeführt. Vorübergehende Gedächtnisstörungen sind möglich.

Heilkräuter

Johanniskraut ist ein nachgewiesen wirksames natürliches Heilmittel. Johanniskrauttee, regelmäßig getrunken, wirkt stimmungsaufhellend und ist ein bewährter Begleiter durch die kalte Jahreszeit. Geeignet sind auch Extrakte aus der Pflanze, die als Kapseln erhältlich sind. Es kann allerdings mit manchen Medikamenten, etwa Herzmitteln, zu ungünstigen Wechselwirkungen kommen, und die richtige Dosierung ist alleine schwierig. Deshalb sollte eine Johanniskraut-Therapie unbedingt mit dem Arzt abgesprochen werden.

Bewegung und Licht

Auch wenn es depressiven Menschen meist schwer fällt, sich aufzuraffen: Bei saisonbedingten sowie bei leichten Depressionen kann ein Bewegungsprogramm Wunder wirken. Bewährt hat sich ein täglicher, flotter „Gesundmarsch“ bei Tageslicht für mindestens eine Stunde.

Eine andere Methode, um an genügend Licht zu kommen, ist die Foto- bzw. Lichttherapie mit einem speziellen, dem Sonnenlicht nachempfundenen Kunstlicht. Angeboten werden Tageslichtlampen für zu Hause oder das Büro; noch besser wirkt eine direkte Bestrahlung durch vom Arzt verwendete Speziallampen.

Psychotherapeutische Behandlung

Um akute Symptome zu mildern und Rückfälle zu vermeiden, werden meist Medikamente empfohlen. Nachdem sich die Stimmung verbessert hat („Erhaltungstherapie“), sind die Therapieerfolge besser, wenn parallel dazu eine Psychotherapie erfolgt. In leichten Fällen kann eine Psychotherapie ausreichen.

Nicht jede Therapiemethode ist für alle gleich gut geeignet; es kann ein wenig dauern, bis die richtige Methode gefunden wird.

Die kognitive Verhaltenstherapie arbeitet an Denk- und Handlungsmustern, um negative Realitäts- und Selbstbewertungen zu verändern und die Aktivität zu steigern.
  • Familientherapeutische Ansätze beschäftigen sich mit Kommunikationsmustern in der Familie und dem sozialen Umfeld.
  • Tiefenpsychologische Verfahren versuchen, frühen seelischen Verletzungen und Konflikten auf die Spur zu kommen.
  • Auch Gesprächstherapien oder nonverbale Verfahren kommen in Betracht.

Umgang mit Depressionskranken

Die Umgebung kann positiv auf den Betroffenen einwirken. Aussprüche wie „Reiß dich zusammen“ sind jedoch nicht hilfreich.

Oft bemerken Familienangehörige oder enge Freunde die Symptome einer Depression frühzeitig, etwa weil die Betroffenen häufig weinen, am Morgen nicht aufstehen können oder in Hoffnungslosigkeit versinken.

Der Umgang mit dieser Situation, diesem „neuen“, „anderen“ Menschen, kann schwierig und mühevoll sein. Wichtig ist, sich klar zu machen, dass sich die Betroffenen nicht einfach „zusammennehmen“ können, um die Situation zu verbessern, sondern dass sie an einer ernst zu nehmenden Krankheit leiden, die behandelt gehört.

Gerade hier kann die unmittelbare Umgebung positiv auf die Erkrankten einwirken: indem sie hinsieht, die Symptome ernst nimmt, die Betroffenen zu Aktivität animiert – etwa Bewegung zu machen –, und indem sie bei Bedarf auf eine Therapie drängt. Manchmal ist hier Fingerspitzengefühl erforderlich: Zu großer Druck und Ungeduld können die Kranken noch mehr in den Rückzug drängen; zu viel Rücksichtnahme macht ihnen vielleicht die Dringlichkeit einer Behandlung nicht deutlich.

Wer sich mit der Situation überfordert fühlt, sollte sich nicht scheuen, Rat und Unterstützung bei spezialisierten Einrichtungen, Ärzten, Psychologen oder Selbsthilfegruppen zu suchen.

Manisch-depressive Störung

Bei manisch-depressiven Menschen folgt auf ein Tief eine Phase des Hochgefühls. Rund ein Prozent der Menschen sind betroffen.

Bei einer manisch-depressiven Störung wechseln sich depressive Phasen mit Zeiten des Hochgefühls ab. Der Übergang von der depressiven zur manischen Phase ist oft von Gefühlen wie ängstlicher Unruhe oder erhöhter Gereiztheit begleitet.

Manische Personen sind euphorisch, überschätzen sich selbst, brauchen wenig Schlaf und sind insgesamt überaktiv. Ein fehlendes Urteilsvermögen und totale Enthemmung sind weitere Symptome: So werden oft hohe Geldsummen ausgegeben – nicht selten auf Kredit –, oder es wird sexuell über die Stränge geschlagen. Das kann zu großen finanziellen und familiären Problemen führen.

Um von einer manisch-depressiven Störung sprechen zu können, müssen mindestens zwei Phasen solcher Stimmungshochs und -tiefs aufgetreten sein. Hoch und Tief sind die zwei Pole, die der Krankheit auch den Namen bipolare (also zweipolige) Funktionsstörung eingebracht haben. Die Phasen können mehrere Tage bis Monate andauern; dazwischen fühlen sich die Betroffenen oft völlig normal.

Etwa ein Prozent aller Männer und Frauen sind ein- oder mehrmals im Leben manisch-depressiv; durchschnittlich erkranken sie zwischen 20. und 30. Lebensjahr zum ersten Mal.

Sehr selten sind eine reine Manie und eine Mischform, bei der Hoch und Tief gleichzeitig auftreten.

Die manisch-depressive Störung wird sehr häufig vererbt. Andere Gründe sind Kopfverletzungen oder neurologische Schäden. Zunehmend beobachtet werden kann auch ein erhöhtes Risiko nach starkem Haschisch-Konsum.

Hinweiszeichen ist ein mindestens eine Woche lang anhaltendes ungewöhnliches und grundloses Hoch – manchmal auch Gereiztheit –, zusammen mit mindestens drei weiteren der folgenden Symptome:
  • Die Betroffenen brauchen wenig Schlaf.
  • Sie reden sehr viel.
  • Sie sind zerstreut und hektisch.
  • Ihnen schießen viele Dinge gleichzeitig durch den Kopf.
  • Sie fühlen sich extrem wichtig, spielen sich in den Vordergrund, überschätzen sich selbst.
  • Sie planen hundert Dinge gleichzeitig und sind ständig in Bewegung.
  • Sie verschaffen sich „Spaß“ auch dann, wenn ihnen die Handlungen schaden (Geld ausgeben, Sex mit wechselnden Partnern).

Die Behandlung erfolgt hauptsächlich medikamentös mit einer Kombination aus beruhigenden und die Wahnstörungen durchbrechenden Medikamenten.

Sinnvoll ist eine begleitende Psychotherapie.

Häufig fehlt in der manischen Phase die Krankheitseinsicht, was eine Behandlung schwer macht. So werden Medikamente nicht eingenommen, das selbstschädigende Verhalten wird fortgesetzt. Manchmal kann das eine Zwangsaufnahme in eine spezialisierte Einrichtung nötig machen.



Redakteurin: Verena Ahne (Journalistin)
Aktualisierung: 09.11.2015, Elisabeth Tschachler (Journalistin)
Medizinisches Review: Priv.-Doz. Dr. rer.med. Dipl.-Psych. Jochen Jordan (Psychologie), Univ.-Prof. Dr. Gabriele Fischer (Psychiatrie)

Diese Informationen können den Besuch beim Arzt nicht ersetzen, sondern können Ihnen helfen, sich auf das Gespräch mit dem Arzt vorzubereiten. Eine Diagnose und die individuell richtige Behandlung kann nur im persönlichen Gespräch zwischen Arzt und Patient festgelegt werden.

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