Das Streben nach Glück
Nur wenig ist so mit schillernden Vorstellungen überfrachtet, wie das Glück. Wobei das Glück dabei stets in der Zukunft liegt. „Wenn ich nur erst dieses und jenes geschafft habe, dann werde ich glücklich sein.“ So die Begründung, warum die Zeit zum Glücklichsein noch nicht reif ist. Wer dann allerdings tatsächlich in genau diesem Moment glücklich ist, wird auch wieder scheel angeschaut. Glücklich? Jetzt? Mit dieser Figur, der zu kleinen Wohnung und dem schlecht bezahlten Job? Glückliche Menschen können uns sogar ein bisschen nervös machen, denn: Wenn sie zufrieden sind und glücklich sind, obwohl sie kein Leben wie aus dem Werbeprospekt führen – warum gelingt uns das dann nicht? Dabei tun wir doch schon so viel, um endlich einen Zipfel vom Glück zu erhaschen…
Glück ist nicht käuflich
Wir achten auf unsere Work-Life-Balance, treiben Sport und kaufen „die richtigen“ Sachen. Wir planen, rackern und rennen wir, als liefen wir einen Marathon. Schauen derweil nicht nach links oder rechts – die Ziellinie fest im Blick. Um dann ernüchtert festzustellen, dass das Glück leider doch nicht hinter der Ziellinie auf uns wartet. Wir sind schlichtweg an ihm vorbeigerannt. Oder haben es übersehen, als es irgendwo scheu um die Ecke blinzelte – weil wir währenddessen auf der Suche nach dem großen oder dem „richtigen“ Glück waren. Nach dem Glück, das auch die Augen unserer Freunde und Arbeitskollegen begehrlich aufleuchten lässt.
Dabei ist das Glücksgefühl, wenn die Eckpfeiler gegeben sind, eine höchst individuelle Angelegenheit. Es gibt genau einen Menschen, der uns verlässlich sagen kann, ob wir glücklich sind. Und das sind wir selbst. Da hilft auch nicht das Wissen, dass wir eigentlich glücklich sein sollten, weil wir ein Dach über dem Kopf, einen vollen Kühlschrank, jederzeit frisches Wasser, einen Traumjob oder gesunde Kinder haben. Im Gegenteil: Das Bewusstsein, wie gut es uns eigentlich geht, setzt uns zusätzlich unter Druck. Denn nun fühlen wir uns auch noch undankbar.
Glückszutaten zum Selbermischen
Aber zurück zum Glück. Es ist zwar zum Teil eine Frage der Veranlagung, ob das Glas für uns stets halb voll oder halb leer ist. Dennoch können wir das Glück in unser Leben locken. Oder eher: Es in unserem Leben entdecken. Es gibt ein paar Glückszutaten, mit denen wir experimentieren können. Diese Glückszutaten sind nicht beileibe nicht neu – eigentlich eher ein alter Hut. Die Frage ist nur: Was machen wir daraus? Winken wir gähnend ab oder nutzen wir sie?
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Eine Frage des Glücks:
Glück ist eine Frage der Sichtweise – und der richtigen Fragen. Denn Fragen können uns dabei helfen, in die richtige Richtung zu schauen. Etwa: Wie möchte ich mich fühlen? (Ergänzende Überlegung: Was kann ich tun, um das zu erreichen?) Die ehrliche Beantwortung dieser Frage schubst uns geradezu in die richtige Richtung, denn sie lenkt den Fokus auf das, was dazu beiträgt, dass wir uns besser fühlen. Und nicht auf das, was uns fehlt.
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Dankbarkeit kultivieren:
Wenn es ein ultimatives Glücksrezept gibt, dann ist es die Dankbarkeit, denn sie verändert unser Leben. Sagen Wissenschaftler, Mediziner, Psychologen und die Anhänger verschiedenster Religionen übereinstimmend. Das Schöne daran ist, dass sich Dankbarkeit erlernen lässt. Noch schöner: Die Einstiegshürde ist angenehm niedrig, denn schon eine kleine Dosis täglicher Dankbarkeit macht glücklich. Mehr geht allerdings immer.
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Den Schutzpanzer ablegen:
Im Alltag legen wir uns gerne mal einen Schutzpanzer zu, der uns in vielen Situationen zweifelsohne gute Dienste leistet. Schwierig wird es, wenn wir vergessen, diesen Schutzpanzer wieder abzulegen. Mit einer permanenten „Leg dich bloß nicht mit mir an“-Körperhaltung oder zynischen Sprüchen schaden wir uns allerdings selbst. Denn das Glück besitzt weder Hammer noch Meißel, um sich durch unsere harte Schale zu arbeiten. Auch unsere Mitmenschen schrecken wir so eher ab, als dass wir sie anziehen. Also atmen wir kurz durch, wenn wir wieder im „Kampfmodus“ sind und lassen das Leben wieder näher an uns heran.
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(Selbst)Liebe und Freundschaften:
Nicht wenige von uns gehen so hart mit sich selbst ins Gericht, wie sie es mit keinem anderen tun würden. Kein Wunder, dass wir unter all den Selbstvorwürfen und der Selbstkritik irgendwann in die Knie gehen und kreuzunglücklich sind. Nicht, dass wir uns selbst für die Größten halten und jede (noch so berechtigte) Kritik an uns abprallen lassen sollen. Aber wir dürfen uns durchaus in regelmäßigen Abständen selbst auf die Schulter klopfen. Und uns über das freuen, was wir bisher geschafft haben. Wir müssen nicht erst zu einer optimierten Ausgabe unserer Selbst werden, ehe wir uns mögen dürfen. Wir sind in Ordnung so. Behandeln wir uns also wenigstens einmal am Tag so, wie es jemand tun würde, dem wir am Herzen liegen. Auch ist es klug, Liebe und Freundschaften zu pflegen. Sie gehören zu den wichtigsten Glücksfaktoren überhaupt.
Kleine Glücksmomente schaffen
Selbst unter besten Bedingungen werden wir nicht ständig gleichermaßen glücklich sein können. Allerdings hält das Leben jeden Tag viele kleine Glücksmomente für uns bereit. Wir müssen sie nur bemerken. Oder sie gleich aktiv in unser Leben ziehen. Ein Vorbild hierbei kann beispielsweise Oprah Winfrey sein, die diese Glücksmomente als „Aaah-Momente“ bezeichnet. Oprah kreiert mehrmals täglich bewusst ihre “Aaah-Momente” und zelebriert sie regelrecht. Sei es durch einen ausgedehnten Waldspaziergang, ein Gespräch mit Freunden oder einen würzigen Chai am Nachmittag. Kleine Momente für Körper und Seele, die ihr Kraft und Energie geben. Und genau diese kleinen Glücksmomente sind es, die auch unser Leben zum Funkeln bringen. Wenn wir es zulassen. Diese Glücksmomente erden uns und verankern uns in der Gegenwart. Sie tragen dazu bei, dass wir unser Leben in diesen Momenten so mögen, wie es ist. Anstatt uns nach etwas Besserem zu sehnen – und diese innere Zufriedenheit macht glücklich.
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