Mentale Gesundheit - Nicole Inez Fuchs
6 Minuten Lesezeit

Multiple Persönlichkeitsstörung – Anzeichen und Ursachen

Ria leidet unter einer multiplen Persönlichkeitsstörung. In ihr gibt es verschiedene Persönlichkeiten, die allesamt ihren eigenen Charakter haben und im Alltag abwechselnd den Ton angeben. Oft verwechselt mit Schizophrenie, zeigt sich die multiple Persönlichkeitsstörung jedoch ganz anders – sie gilt als die schwerste Form der dissoziativen Störung. Ria musste in ihrer Kindheit schwere Traumata erleiden, wodurch sich ihre Persönlichkeit aufgespaltet hat, sie hat sozusagen mehrere Persönlichkeiten. Weitere Details zu dieser psychischen Erkrankung liest du in diesem Artikel.

 

Wie verbreitet ist die multiple Persönlichkeitsstörung?

Die Medien erwähnen die multiple Persönlichkeitsstörung selten. Im Alltag kommt es diesbezüglich häufig zu einer Verwechslung mit einer schizophrenen Störung. Dennoch leiden immerhin rund 1% der Weltbevölkerung an dieser psychischen Erkrankung. Dabei bestehen mehrere Persönlichkeiten nebeneinander und treten wechselseitig zum Vorschein.

Kennzeichnend für die multiple Persönlichkeitsstörung ist, dass jeder Persönlichkeitsanteil über einen eigenen Charakter, Vorlieben, Fähigkeiten und Erinnerungen verfügt. Frauen sind häufiger davon betroffen. Doch wie macht sich eine gespaltene Persönlichkeit bemerkbar?

Welche Symptome zeigen sich bei einer multiplen Persönlichkeitsstörung?

Für die Diagnose einer dissoziativen Identitätsstörung dient die internationale Klassifikation psychischer Störungen (ICD-11). Dabei müssen für die gespaltene Persönlichkeit folgende Anzeichen gegeben sein:

  • Vorhandensein von zwei oder mehreren verschiedenen Persönlichkeiten in einer Person. Dabei ist zu einem konkreten Zeitpunkt nur eine nachweisbar.
  • Jede dieser Persönlichkeiten zeigt eigene Verhaltensweisen, Vorlieben und Fähigkeiten und hat selbstständige Erinnerungen.
  • Zu einem bestimmten Zeitpunkt nimmt eine der mehreren Persönlichkeiten die volle Steuerung über das Verhalten.
  • Die Erkrankten können sich nicht an wichtige persönliche Fakten, betreffend einer anderen Persönlichkeit, erinnern.
  • Es kann ausgeschlossen werden, dass die Symptome aus einer organischen Störung oder Drogenmissbrauch resultieren.

Zusätzlich kann es auch zu anderen Anzeichen, wie etwa Erinnerungslücken (Amnesien) oder Lähmungserscheinungen. Im Rahmen von dissoziativen Identitätsstörungen treten häufig auch körperliche Schmerzen auf, für die es keine nachweislichen organischen Gründe gibt. Dazu zählen etwa Kopf- oder Bauchschmerzen. Erkrankte werden häufig von Suizidgedanken heimgesucht und verletzen sich selbst.

Welche Anteile kommen bei der multiplen Persönlichkeitsstörung vor?

In Fachkreisen wird die multiple Persönlichkeitsstörung auch dissoziative Identitätsstörung genannt. Bei ihr zeigen sich zu unterschiedlichen Zeitpunkten verschiedene Persönlichkeiten, die sich häufig nicht ähneln. Weiters treten sie nie zur selben Zeit auf. So kann es sein, dass die betroffene Person über eine höfliche und zufriedene Persönlichkeit, aber auch über einen cholerischen, aggressiven Anteil verfügt. Bemerkenswert dabei ist, dass jede der gespaltenen Persönlichkeiten über ein eigenes Alter und Geschlecht definiert wird.

Mehrere Persönlichkeiten in einem Menschen

Viele gespaltene Persönlichkeiten haben einen kindlichen Anteil entwickelt. Dieser ist in seiner persönlichen Reife und Entwicklung im Kindesalter steckengeblieben. Das betrifft sowohl die geistigen als auch die körperlichen Fähigkeiten. Hat von den mehreren Persönlichkeiten gerade dieser Teil das Sagen, kann die betroffene Person beispielsweise weder lesen noch schreiben.

Im Zuge dieser psychischen Störung können oft mehrere Persönlichkeiten auftreten. Dabei gibt jedoch meist eine davon vorrangig den Ton an. Die Erkrankten selbst wissen meist nichts von ihrer gespaltenen Persönlichkeit. Das bedeutet, dass jegliche Erinnerung daran fehlt, was die jeweils andere Persönlichkeit gemacht hat.

Wie entsteht eine multiple Persönlichkeitsstörung?

Die Spaltung der Persönlichkeit dient oft als Schutzmechanismus. Die multiple Persönlichkeitsstörung resultiert oftmals aus Missbraucherfahrungen in der Kindheit. Etwa 90 Prozent der Erkrankten haben Traumata in der Kindheit erfahren. Als Beispiel dafür gilt etwa die extreme Erfahrung, als Teil eines sexuellen Rituals missbraucht worden zu sein. Gewalt, Kinderprostitution und Folter können ebenfalls Auslöser einer gespaltenen Persönlichkeit sein.

Wird ein Kind grausamen, traumatischen Situationen ausgesetzt, spaltet sich die Psyche auf, damit diese überfordernden Ereignisse psychisch und physisch ausgehalten werden. Während das Trauma passiert, hievt sich die Person an einen entfernten Ort, an dem sie dem Leid nicht ausgesetzt ist. Körperlich ist sie aber noch in der Situation, weshalb ein anderer Teil dem Leid ausgesetzt ist und dieses auch spürt.

Wie verläuft eine dissoziative Identitätsstörung?

Für gewöhnlich nimmt eine dissoziative Identitätsstörung einen chronischen Verlauf. Zudem geht diese psychische Erkrankung mit weiteren psychischen Störungen einher. Das macht die Behandlung umso schwieriger. Dennoch gibt es in den letzten Jahren immer bessere therapeutische Methoden zur Behandlung mehrerer Persönlichkeiten.

Hier findest du noch einmal eine Zusammenfassung der Anzeichen und Symptome einer gespaltenen Persönlichkeit:

 

so zeigt sich multiple persönlichkeit

 

Wie wird eine multiple Persönlichkeitsstörung behandelt?

Der Behandlung einer multiplen Persönlichkeitsstörung gehen oft erfolglose Interventionen voraus, da häufig Fehldiagnosen gestellt werden. Die eigentliche Störung kann von einhergehenden psychischen Krankheiten, wie etwa Depressionen, verdeckt werden.

Zur Behandlung einer multiplen Persönlichkeitsstörung bedarf es einer intensiven Zusammenarbeit von Expert:innen aus verschiedenen Fachgebieten, darunter der Psychologie, der Medizin und der Psychotherapie. So kann eine medikamentöse Behandlung beispielsweise durch eine begleitende Traumatherapien ergänzt werden, um den ursprünglichen Auslöser zu behandeln.


Quellen:
Dell, P. F., & Eisenhower, J. W. (1990). Adolescent multiple personality disorder: A preliminary study of eleven cases. Journal of the American Academy of Child & Adolescent Psychiatry, 29(3), 359-366. https://doi.org/10.1097/00004583-199005000-00005

Dorahy, M. J., Brand, B. L., Şar, V., Krüger, C., Stavropoulos, P., Martínez-Taboas, A., … & Middleton, W. (2014). Dissociative identity disorder: An empirical overview. Australian & New Zealand Journal of Psychiatry, 48(5), 402-417. https://doi.org/10.1177%2F0004867414527523

Gast, U., Rodewald, F., Hofmann, A., Mattheß, H., Nijenhuis, E., Reddemann, L., & Emrich, H. M. (2006). Die dissoziative Identitätsstörung–häufig fehldiagnostiziert. Dtsch Arztebl, 103(47), 3193-200.

Ross, C. A. (1991). Epidemiology of multiple personality disorder and dissociation. Psychiatric Clinics of North America, 14(3), 503-517. https://doi.org/10.1016/S0193-953X(18)30286-7

World Health Organization. (2019). ICD-11: International classification of diseases (11th revision). Retrieved from https://icd.who.int/

https://www.netdoktor.de/krankheiten/dissoziative-stoerung/multiple-persoenlichkeitsstoerung/

https://www.aerzteblatt.de/archiv/7010/Persoenlichkeitsvervielfaeltigung-Die-sogenannte-multiple-Persoenlichkeit-oder-dissoziative-Identitaetsstoerung

https://www.wicker.de/kliniken/wicker-klinik/behandlungsschwerpunkte/erkrankungen-a-z/multiple-persoenlichkeit/

https://www.msdmanuals.com/de/heim/psychische-gesundheitsst%C3%B6rungen/dissoziative-st%C3%B6rungen/dissoziative-identit%C3%A4tsst%C3%B6rung

http://posttraumatische-belastungsstoerung.com/dissoziative-stoerungen-haeufigkeit

 

Aktualisiert am: 13. März 2024