Familie - Dr. Annette Wallisch-Tomasch (Instahelp)
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Ich trau dir das zu – Ich bin für dich da: Wie Helikoptereltern wieder auf den Boden kommen

Jahresbeginn. Zeit für Neuanfänge und frische Energie. Aber auch Zeit der großen Ängste: Vor Leistungsversagen, vor Kränkungen und Verlusten. Für Eltern ist es meist die Angst vor dem Loslassen und Vertrauen.
Wenn es um die eigenen Kinder geht, sind es auch Sorgen über Gefahren, die in der gefährlichen Welt “da draußen” lauern. Ängste, dass wir Großen nicht gut genug aufpassen können, schlechte Einflüsse nicht abwenden können oder dass uns unsere Kinder gar entgleiten.

“Ich hab ihm versprochen, dass ihm nie etwas passiert!”
“Du kannst doch nicht zulassen, dass ihm nie etwas passiert!? Dann passiert ihm doch nie etwas!”
[1]

 
In der Fachwelt gibt es für Eltern, die aus “Kompensation” dieser Ängste ihre Kinder zu stark kontrollieren und in Ihrem gesunden Handlungsspielraum einengen einen Fachbegriff: Von “Helikopter-Eltern” ist hier die Rede. Von Spionen, die stündlich über den Köpfen der Sprösslinge kreisen und alles zu überwachen versuchen. Manche tun dies eventuell aus Machtgelüsten. Die meisten jedoch aus Angst und überzogenem Verantwortungsgefühl.
Was hilft?
Bindung. Geduld. Zutrauen. Präsenz. Wertschätzung. Starkes Netzwerk. Vertrauen.

“Woher weißt du, dass sie soweit sind? –
Eigentlich weißt du‘s nie, aber wenn sie so weit sind, weißt du es auch, weißt du?”
[1]

 
Die bindungsorientierte Sichtweise ermutigt Eltern dazu, eine emotional sensible Beziehung einzugehen – mit klaren Grenzen und Leitmotiven, jedoch auf selber Augenhöhe und mit einer großen Portion an gegenseitigem Vertrauen und Stabilität. Es geht um Ermächtigung und Befähigung, um Wachsen der Selbständigkeit und Freude am Zusehen der Reifung. Wir Eltern dürfen unseren Blick schärfen für die Schritte, die unsere Kinder machen: Welchen Wissens- & Kompetenz-Stand haben sie? Was sind ihre (wahren) Bedürfnisse? Was wünschen sie sich? Was fühlen sie? Oft können Eltern nur raten, wenn Sie den Zugang verlieren. Wenn sich pubertäre „Kids“ in ihre Umbau-Höhle zurückziehen. Das macht Eltern oft Sorge, dass sie irgendwann „überflüssig“ werden könnten. Das möchte ja wirklich niemand.

Doch wissen wir aus der Entwicklungspsychologie, dass durch das Erlernen der “Objektkonstanz” im Baby- und Kleinkindalter alle äußeren Bilder der wichtigsten Bezugsperson(en) verinnerlicht werden und in der Gefühlswelt stets verfügbar sind. Eltern (und deren Wirksamkeit) sind also quasi “immer da”.

Das Konzept der Neuen Autorität (nach Haim Omer [2]) verspricht hier auch einen neuen Zugang zu vertrauensvoller Kontaktfähigkeit durch:

  • Wertschätzende Präsenz (Da-Sein)
  • Gewaltlosen Widerstand (Ankündigung & Konsequenz)
  • Bedingungslose Beziehungsgesten (Ich mag dich, was auch immer du tust)
  • Klare und transparente Botschaften (Was geht, was geht nicht)
  • Netzwerke und Unterstützung in der Umgebung rund um das (rebellierende) Kind
  • Selbstkontrolle und erlebte Wirksamkeit (Eskalationsvorbeugung auf Seiten der Eltern!)
  • Möglichkeit zur Wiedergutmachung (bei destruktiven Geschehnissen).

Jede Beziehung bleibt dann lebendig, wenn sie mit dem Rhythmus der Lebensphasen, der Entwicklung mitschwingt. Bei Erwachsenen – aber besonders im Kindes- und Jugendalter.

“Woher weißt du, dass nichts Schlimmes passiert?” – “Keine Ahnung!” [1]

 
Veränderung macht stets Angst, doch geht es um Verwandlung und Transformation. In etwas Neues, Reiferes. Und Eltern? Die sind eben immer da. Auch wenn sie scheinbar nicht gebraucht werden.

Quellen:
[1] Zitate aus „Nemo“, Walt Disney, Dialoge zwischen Dori und Marvin
[2] „Stärke statt Macht – Neue Autorität in Familie, Schule und Gemeinde“, Haim Omer & Arthur v. Schlippe, im Vandenoek und Rupprecht Verlag (2010) bzw. „Neue Autorität: Das Geheimnis starker Eltern“, Taschenbuch, von Haim Omer & Philip Streit (2016)

Fotoquelle: iStock.com/LiudmylaSupynska

Aktualisiert am: 18. November 2019