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ADHS bei Erwachsenen – Symptome, Diagnose und Behandlung

Sich mal weniger gut konzentrieren und nicht ruhig sitzen zu können, kennen vermutlich die meisten. Doch manchen Menschen passieren diese Dinge so oft, dass sie ihre Aufgaben nicht erledigen können und Nachteile in ihrem Alltag erleiden. Dahinterstecken kann ADHS, also das Aufmerksamkeits- und Hyperaktivitätssyndrom. Meistens werden Kinder und Jugendliche mit ADHS diagnostiziert, doch auch Erwachsene können die ADHS Symptomatik aufweisen. In diesem Artikel erfährst du, welche Symptome sich bei ADHS bei Erwachsenen zeigen, wie eine Diagnose erstellt wird und wie du es langfristig behandeln kannst.

 

ADHS Symptome

Die Symptome von ADHS lassen sich, wie der Name schon sagt, grob in zwei Bereiche einteilen: Zum einen Aufmerksamkeitsdefizite und zum anderen Hyperaktivität. Das bedeutet konkret, dass sich Betroffene einerseits nur schwer konzentrieren können, sich leicht ablenken lassen und Schwierigkeiten haben, Aufgaben zu Ende zu bringen. Andererseits haben sie einen übermäßigen Drang, sich zu bewegen, können sich schlecht ruhig beschäftigen und haben das Bedürfnis, viel zu reden. Hinzu kommt oft eine gewisse Impulsivität, was voreiliges Handeln und emotionale Ausbrüche betrifft.

Die ADHS-Symptomatik kann sich jedoch im Laufe des Lebens der Betroffenen verändern. Meistens nehmen die Symptome im Erwachsenenalter ab oder verringern sich in ihrer Ausprägung. Häufig nehmen die Hyperaktivität und der Bewegungsdrang im Erwachsenenalter ab und werden eher als innere Unruhe und Gedankenrasen wahrgenommen. Zudem wissen Betroffene im Erwachsenenalter die Symptome besser zu kompensieren, beispielsweise mit dem Abbau überschüssiger Energie durch Sport. Laut Statistiken erfüllen nur noch 5-15 % der betroffenen Kinder die Voraussetzungen für eine ADHS-Diagnose im Erwachsenenalter vollständig.

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Diagnose für ADHS bei Erwachsenen

Bezüglich der genannten Symptome ist jedoch zu erwähnen, dass viele Menschen gelegentlich solche Verhaltensweisen an den Tag legen. Um ADHS zu diagnostizieren, müssen konkrete Kriterien erfüllt sein.

Im ICD-11, dem international anerkannten Diagnoseleitfaden für die meisten Krankheiten und psychischen Störungen, werden die Diagnosekriterien von ADHS genau definiert. Folgende Punkte deuten demnach auf eine ADHS Diagnose hin:

  • Die Symptome müssen mindestens 6 Monate vorliegen.
  • Es müssen Anzeichen bereits vor dem 12. Lebensjahr vorgelegen haben, typischerweise in der frühen bis mittleren Kindheit, obwohl einige Personen erst später klinisch auffallen können.
  • Es müssen mindestens 6 Anzeichen von Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität oder Impulsivität vorhanden sein.
  • Das Ausmaß der Unaufmerksamkeit und Hyperaktivität-Impulsivität liegt außerhalb der normalen Schwankungsbreite, die für das Alter und die intellektuelle Leistungsfähigkeit erwartet wird.
  • Die Symptome müssen in verschiedenen Situationen oder Umgebungen zu beobachten sein.
  • Die Symptome lassen sich nicht auf andere Störungen oder Medikamente zurückführen.

Laut dem Diagnostiksystem für psychische Störungen (DSM-5) sind etwa 2,5 % der erwachsenen Allgemeinbevölkerung von ADHS betroffen. In Deutschland sind etwa 5 % der Menschen von ADHS betroffen. Während im Kindesalter mehr männliche als weibliche Personen betroffen sind, sind die geschlechtsspezifischen Unterschiede im Erwachsenenalter geringer bzw. nahezu ausgeglichen.

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Behandlung von ADHS bei Erwachsenen

ADHS gilt grundsätzlich als nicht heilbar. Es ist jedoch gut behandelbar, indem in einer individuell angepassten Therapie die vorliegenden Symptome reduziert werden können. So kann mittels einer Therapie der Alltag ADHS Betroffener spürbar erleichtert werden.

Als effektiv erwiesen hat sich bei ADHS vor allem die kognitive Verhaltenstherapie. Mit Hilfe dieser besonderen Form der Psychotherapie können Betroffene gemeinsam mit Psycholog:innen bzw. Psychiater:innen Strategien entwickeln, wie sie ihre Denkmuster und Verhaltensweisen erkennen und ändern können, um besser mit den Herausforderungen des Alltags umzugehen. Dazu gehören Strategien der Organisationsfähigkeiten, des Zeitmanagements und der Stressbewältigung.

Es gibt auch Strategien, die Betroffene selbst nutzen können, um ihren Alltag besser zu bewältigen:

  • Etabliere Routinen in deinem Alltag, die dir Orientierung bieten.
  • Übe Entspannungstechniken wie Yoga und Meditationen ein, um deine innere Ruhe zu fördern.
  • Schreibe dir To-Do-Listen, um dich an wichtige Aufgaben und Termine zu erinnern.
  • Versuche beim konzentrierten Arbeiten Störquellen wie laute Geräusche und bewegte Bilder zu vermeiden.
  • Setze dir beim Erledigen von Aufgaben kleinschrittige Ziele und plane ausreichend Pausen ein.
  • Treibe Sport und gehe Hobbies nach, um überschüssige Energie abzubauen und Erfolgserlebnisse zu schaffen.

In einigen Fällen kann zudem eine medikamentöse Behandlung bei ADHS sinnvoll sein. Diese sollte aber unbedingt mit einer Ärztin bzw. einem Arzt abgeklärt werden, da diese auch potenzielle Nebenwirkungen mit sich bringt.

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Test für ADHS bei Erwachsenen

Derzeit gibt es keinen geeigneten Test, der alleine auf eine ADHS-Symptomatik hinweist. Es gibt jedoch verschiedene Testverfahren, die gemeinsam prüfen können, ob ADHS vorliegt. So können klinische Interviews ein erster Anhaltspunkt sein. Mit ihnen lassen sich systematische Informationen über die Symptome, die Dauer der Symptome und den Einfluss auf verschiedene Lebensbereiche erfassen. Im ICD-11 und DSM-5 gibt es dafür spezifische Richtlinien.

Es gibt zudem klinisch getestete Fragebögen und Ratingskalen, mit denen man auf ADHS testen kann. Neben Selbst- und Fremdbeurteilungsfragebögen gibt es folgende häufig genutzte Ratingskalen:

  • Conners-Skala: Klinisches Fragebogenverfahren, das Überblick über das Verhalten von Personen hinsichtlich der ADHS-Kernsymptome schafft. Sowohl die Anzahl der jeweils zutreffenden Diagnosekriterien als auch ein Standardwert können berechnet werden.
  • Vanderbilt Assessment Scale: Auch diese diagnostische Ratingskala ermöglicht die Evaluierung der ADHS Symptome bei Kindern und Jugendlichen. Sie wird sowohl im klinischen Setting als auch in der Forschung angewendet, um das Verhalten ADHS Betroffener zu identifizieren und zu verstehen.
  • ADHD Self-Report Scale (ASRS): Mit diesem Selbstbeurteilungsfragebögen können ADHS Symptome über die Zeit untersucht und überwacht werden.

Wichtig ist, dass diese Tests stets von professionellen Expert:innen wie Psycholog:innen oder Psychiater:innen durchgeführt und ausgewertet werden sollten, um eine hohe Aussagekraft zu gewährleisten.

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Psychologische Beratung online bei ADHS

Die psychologische Beratung online kann bei ADHS eine große Hilfe sein. Zum einen können Psycholog:innen dabei helfen, Verständnis und Bewusstsein für die ADHS-Symptomatik und zum anderen Strategien zur Bewältigung der ADHS-Symptomatik zu entwickeln. Die top ausgebildeten und erfahrenen Psycholog:innen bei Instahelp können dabei ganz auf die Bedürfnisse Betroffener eingehen und ihnen eine wichtige Stütze sein. Der Vorteil des Online-Settings liegt vor allem darin, dass Betroffene in ihrem Alltag abgeholt werden können. Je nach Bedürfnis kann die Beratung per Video- bzw. Audio-Telefonie oder per Text-Chat durchgeführt werden, so wie es für Betroffene am besten passt.

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Häufige Fragen (FAQ)

Wie verhält sich ein Erwachsener mit ADHS?
Erwachsene mit ADHS können Schwierigkeiten haben, sich auf Aufgaben zu konzentrieren, Aufgaben zu organisieren und Fristen einzuhalten. Sie können impulsiv handeln und in sozialen Situationen ungeduldig und übermäßig aktiv wirken.

Wie erkennt man ADHS bei Erwachsenen am besten?
ADHS bei Erwachsenen wird oft durch eine Kombination aus Selbstberichten über anhaltende Probleme in verschiedenen Lebensbereichen und klinischen Bewertungen identifiziert. Tests und Gespräche, die auf Verhaltensmuster abzielen, die typisch für ADHS sind, wie Schwierigkeiten mit Zeitmanagement und Organisation, helfen Fachleuten bei der Diagnose.

Wie denken Erwachsene mit ADHS?
Erwachsene mit ADHS haben oft einen schnellen Gedankenfluss und können Schwierigkeiten haben, ihre Aufmerksamkeit zu regulieren. Sie neigen dazu, kreativ zu sein und schnell zu denken, was sowohl zu innovativen Lösungen als auch zu Überforderung und Ablenkung führen kann.

Was sind typische Symptome bei ADHS?
Typische Symptome von ADHS umfassen anhaltende Muster von Unaufmerksamkeit, wie Vergesslichkeit und leicht ablenkbar zu sein, Hyperaktivität wie das ständige Bedürfnis, sich zu bewegen, und Impulsivität, wie vorschnelles Handeln ohne gründliche Überlegung. Diese Symptome führen oft zu Schwierigkeiten in der Schule, am Arbeitsplatz und in zwischenmenschlichen Beziehungen.

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Quellen:
American Psychiatric Association. (2013). Diagnostic and statistical manual of mental disorders (5th ed.). https://doi.org/10.1176/appi.books.9780890425596

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World Health Organization. (2022). ICD-11: International classification of diseases (11th revision). https://icd.who.int/

Erstellt am: 11. Juli 2024
Mentale Gesundheit - Instahelp Redaktion