Entspannung im Alltag
Wer heute nicht gestresst ist, macht scheinbar etwas falsch. Und wer auf die Frage, wann denn das nächste gemeinsame Treffen stattfinden könne, einen Termin am kommenden Wochenende nennt, wird ungläubig angeschaut. Mit dem Resultat, dass der Akku bei vielen von uns permanent leer zu sein scheint. So schleppen wir uns bis zum nächsten Urlaub, doch anstatt dort endlich die wohl verdiente Entspannung zu finden, klappen wir erstmal zusammen. Der Grund: Lässt der Stress nach, sinken auch die Stresshormone und der Körper hört auf, gewissermaßen die letzten Reserven zu mobilisieren. Voll auf Urlaub und Erholung gepolt, hängen wir erstmal buchstäblich in den Seilen. Sogar das Immunsystem ist geschwächt, so dass wir gut daran tun, die ersten Urlaubstage bewusst langsam angehen zu lassen.
Entspannung ist das, was wir dafür halten
Damit es allerdings gar nicht erst so weit kommt, versuchen wir besser, regelmäßig Entspannungsinseln in den Alltag einbauen. Es gibt kein Universalrezept für die perfekte Entspannung. Was entspannend ist, ist viel eher eine Frage des Typs und der persönlichen Vorlieben. Was für den einen reine Entspannung ist, kann für den den anderen purer Stress sein. Entscheidend ist es also, behutsam in sich selbst hineinzuhorchen und sich ehrlich zu fragen: Was würde mir jetzt ein wenig Entspannung verschaffen und worauf habe ich Lust? Oft sind es die kleinen Dinge, die wahre Wunder bewirken können. Es gibt durchaus die eine oder andere Entspannungsinsel, die wir im Alltag ansteuern können. Die Reise dorthin kann uns allerdings keiner abnehmen und die Energie dafür müssen wir alleine aufbringen. Damit wir anschließend wieder neue Energie tanken können.
Kurzurlaub für volle Entspannung
Wir müssen nicht unbedingt drei Wochen verreisen, um uns wirklich entspannen zu können. Tatsächlich ist es gar nicht so wichtig, wie lange wir verreisen. Der Erholungseffekt stellt sich bereits nach einem verlängerten Wochenende ein und er lässt sich erstaunlicherweise nicht intensivieren, wenn wir noch zwei Urlaubswochen dranhängen. Noch dazu machen Erlebnisse nachhaltig glücklich.
Mit Bewegung und Konzentration aus der Grübelspirale
Es gibt Momente, in denen wir in unproduktives Grübeln verfallen. Entspannung auf Knopfdruck? Fehlanzeige. Je krampfhafter wir uns zum Abschalten zwingen wollen, desto weniger wird es uns allerdings gelingen. Auch wenn die Lust, ausgerechnet jetzt die Turnschuhe anzuziehen, eigentlich gen null tendiert, ist es ratsam, auf moderte Bewegung zu setzen. Sport wirkt nachweislich entspannend und setzt Glückshormone frei. Die Rede ist – abhängig vom persönlichen Trainingsniveau – nicht von Hochleistungssport, sondern von moderater Bewegung. Sogar ein gemütlicher Spaziergang oder zügiges Walking genügen. Alternativ bieten sich Aktivitäten an, die Konzentration erfordern – welche das sind, ist wieder eine Typfrage. Ob Handarbeiten, das Ausprobieren neuer Rezepte oder das Lösen von Kreuzworträtseln – gut ist, was und von dem Kauknochen ablenkt, an dem unser Geist sich gerade die Zähne ausbeißt.
Ab ins Grüne
Wir sind vielleicht nicht immer gut zur Natur, die Natur ist jedoch immer gut für uns. Und ein Aufenthalt im Grünen kann wahre Wunder bewirken. Schon der Blick auf Wald und Wiese – und sei es zur Not nur virtuell – wirkt entspannend. Ein Spaziergang im Wald ist allerdings noch besser und wir fühlen uns schlagartig weniger gestresst. Was unter anderem daran liegt, dass das Stresshormon Adrenalin nachweislich sinkt. Um den grünen Entspannungsfaktor nutzen zu können, müssen wir übrigens gar nicht stundenlang auf Wanderschaft gehen. Biowissenschaftler der University of Essex fanden heraus, dass schon ein fünfminütiger Aufenthalt im Grünen stimmungsaufhellend und entspannend wirkt. Wer einen Garten besitzt, profitiert doppelt, denn die Kombination aus Bewegung und Natur ist unschlagbar.
Entspannung vor dem Fernseher
Ein Abend mit der Lieblingsserie ist weitaus mehr als Zeitverschwendung. Die Cinematherapie etwa setzt bewusst auf die Kraft der Bilder. Getreu dem Motto: „Der Seele starke Bilder zuführen, damit sich der Mensch auf seinem Lebensweg nicht in der Flut der Bilder und Reize verliert.“ [1] Auch Serienfans dürfen guten Gewissens gelegentlich vor dem Fernseher versacken. Die Forscher der Universität Buffalo geben gewissermaßen den Freibrief dafür. Schauen wir uns wiederholt unsere Lieblingsserien an, können wir dem Geschehen auch folgen, wenn wir nicht besonders konzentriert bei der Sache sind. Wir können uns einfach berieseln lassen und neue Kraft schöpfen.
Hilfe! Nichts geht mehr?
Das könnte daran liegen, dass wir keine Roboter sind, die auf Knopfdruck Spitzenleistung erbringen – Spitzensportler können ein Lied davon singen. Es gibt einfach diese Tage, an denen nichts geht. Die To-do-Liste ist lang, doch was auch immer wir angehen, es fällt uns unglaublich schwer. Aufgaben, die wir normalerweise aus dem Effeff erledigen, lasten schwer wie Blei auf uns. Was tun? Idealerweise nichts tun. Und die Signale von Körper und Seele ernst nehmen – zumindest dann, wenn wir uns das irgendwie erlauben können. Wenn das „Blaumachen außerhalb der Reihe“ unmöglich ist, konzentrieren wir uns auf die Dinge, die unbedingt erledigt werden müssen und schieben den Rest davon auf die nächsten Tage. Denn so unangenehm ein Tag, an dem absolut nichts geht, auch ist: Er ist meist eine Ausnahme und tags darauf läuft es wieder besser. Manchmal braucht der Kopf einfach eine Pause, um wieder richtig durchstarten zu können.
Quelle:
[1] Martin Poltrum, „Reiz und Rührung. Cinematherapie in der stationären Suchtbehandlung“, abgerufen am 13.12.2016
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