Raus aus der Mental Load Falle – Komm’ in Balance
Stell dir einmal vor, du jonglierst ununterbrochen mit mehreren Bällen. Ein Ball steht für den Haushalt, ein anderer für die Kinderbetreuung, ein dritter für die Arbeit, ein vierter für Hobbys, ein fünfter für Freund:innen oder deine:n Partner:in. Das Jonglieren beginnt am Morgen und setzt sich bis in die späten Abendstunden fort. So fühlt sich das Leben vieler Menschen an, die täglich mit “Mental Load“, der unsichtbaren mentalen Last alltäglicher Aufgaben, kämpfen.
In einer Gesellschaft, in der Leistung und Effizienz erwartet werden, bleibt der Mental Load häufig unsichtbar und unausgesprochen, obwohl er sich stark auf unser psychisches Wohlbefinden und die mentale Gesundheit auswirken kann. Daher werfen wir in diesem Artikel einen Blick darauf, was der Begriff Mental Load konkret bedeutet und wie du die alltägliche Last auf deinen Schultern mildern kannst.
Mental Load Bedeutung: Was ist eine hohe Alltagsbelastung?
Mental Load bezeichnet die Last, die die Koordination und Planung von alltäglichen Dingen mit sich bringt. Dies kann bedeuten, sich um ein Kind zu kümmern, den Haushalt zu schmeißen, ein:e tolle:r Partner:in zu sein oder Familienangehörige zu pflegen. Einher geht die mentale Belastung mit einem starken Verantwortungsgefühl, für den reibungslosen Tagesablauf der Angehörigen verantwortlich zu sein.
Mental Load ist also mehr als nur eine To-Do-Liste – es ist das ständige Gedankenkreisen, ob auch ja an alles gedacht wurde. Es ist beispielsweise das Erinnern daran, dass die Milch fast leer ist, wann die nächste Arztuntersuchung der Kinder ansteht oder für den Geburtstag der Schwiegermutter. Es sind diese unzähligen, oft unbemerkten und nicht wertgeschätzten mentalen Aufgaben, die einen Großteil unserer mentalen Kapazität beanspruchen und oft zu Erschöpfung führen.
Die Bedeutung des Mental Loads ist nicht nur die Ausführung von Aufgaben, beispielsweise das Ausmachen eines Termins, sondern vor allem die Denkarbeit, die im Hintergrund abläuft, um diese Aufgaben zu steuern und zu koordinieren, bevor sie überhaupt erst ausgeführt werden können. Habe ich meinen Dienstplan gecheckt, wann ich Zeit für den Arzt habe? Habe ich die Versicherungskarte griffbereit? Mental Load ist daher oft mit einem ständigen mentalen “Hintergrundrauschen” verbunden, das schwer abzuschalten ist, Verantwortung mit sich bringt und zu Stress, Überforderung und Erschöpfung führen kann. Es handelt sich um eine Belastung, die häufig von außen nicht sichtbar ist, die Betroffene jedoch stark beeinträchtigen kann.
Bei einem hohen Mental Load gerät die Work-Life-Balance schnell ins Wanken. So hört die Arbeit für Betroffene eines hohen Mental Loads nach Feierabend nicht auf. Zu der Zeit, wo das “Life” aus Work-Life-Balance groß geschrieben werden sollte, verkommt die Planung des Alltags schnell als zweiter Arbeitsplatz und raubt die Zeit für Me-Time und Erholung. Anstatt sich ganz der Freizeit hinzugeben, prägen starre Zeitpläne und endlose To-Do-Listen die freie Zeit bei einem hohen Mental Load.
Mental Load Symptome: So erkennst du deine Belastung
Die Mental Load Symptome können vielfältig sein und oft mit denen von Stress oder Überforderung übereinstimmen. Hier sind einige der häufigsten Anzeichen, die darauf hinweisen können, dass jemand unter einem hohen Mental Load leidet:
- Überwältigungsgefühl: Das Gefühl, ständig hinter den Anforderungen her zu hinken und nie aufholen zu können, ist typisch bei einem hohen Mental Load. Die Menge an zu bewältigenden Aufgaben scheint endlos und unüberwindbar.
- Vermindertes Selbstwertgefühl: Das Gefühl, den Anforderungen nicht gerecht zu werden, kann zu Selbstzweifeln und einem verminderten Selbstwertgefühl führen.
- Reizbarkeit und Stimmungsschwankungen: Kleinigkeiten können zu ungewöhnlich starken emotionalen Reaktionen führen. Die ständige mentale Belastung zehrt an der Geduld und dem emotionalen Gleichgewicht.
- Ständige Müdigkeit: Trotz ausreichender körperlicher Ruhephasen und Schlafenszeit fühlen sich Betroffene oft erschöpft und energielos, weil sie mental nicht zur Ruhe kommen.
- Schlafprobleme: Schwierigkeiten beim Einschlafen oder Durchschlafen sind häufig, da das Gehirn Schwierigkeiten hat, „abzuschalten“. Oft kreisen die Gedanken auch nachts um unerledigte Aufgaben und anstehende To-Do’s.
- Vergesslichkeit und Konzentrationsschwierigkeiten: Die Überlastung des Gehirns mit organisatorischen Details führt oft zu Konzentrationsschwierigkeiten und einer erhöhten Vergesslichkeit bei alltäglichen Dingen.
- Rückzug und soziale Isolation: Menschen mit hohem Mental Load ziehen sich manchmal sozial zurück, weil die Interaktion mit anderen als zusätzliche Belastung empfunden wird.
- Körperliche Symptome: Kopfschmerzen, Nackenverspannungen und andere stressbedingte körperliche Beschwerden können auftreten, da der Körper auf den dauerhaften Stress durch Mental Load reagiert.
Mental Load Test: So kannst du deine Belastung prüfen
Oft ist es für Betroffene schwer einzuschätzen, wie hoch die mentale Belastung wirklich ist. Es gibt jedoch einige Ansätze und Tools, die dir helfen können, das persönliche Ausmaß deines Mental Loads einzuschätzen. So gibt es beispielsweise online einige Selbsteinschätzungsfragebögen, die ein Gefühl für das Ausmaß des Mental Loads geben können. Weißt du einmal, wie hoch dein Mental Load ist und welche Verantwortungen dich besonders belasten, so kannst du Lösungen diesbezüglich suchen und finden.
Ein Fragebogen zur Messung des Ausmaßes des Mental Loads stammt von der Initiative Equal Care, die sich für die Wertschätzung von Sorge-, Pflege- und Versorgungsarbeit aller Menschen einsetzt. Mit diesem Fragebogen kannst du alltägliche Aufgaben wie das Waschen von Wäsche, das Kochen für die Kinder oder das Planen von Unternehmungen bewerten, inwieweit es von dir alleine oder aufgeteilt auf die Personen des Haushaltes erledigt wird. So bekommst du ein Gefühl dafür, wie viel Mental Load du für die verschiedenen alltäglichen Aufgaben alleine trägst.
Es gibt zudem weitere Möglichkeiten, wie du dir einen Überblick über deinen Mental Load verschaffen kannst. So kannst du beispielsweise Tagebuch führen, indem du dir notierst, wie viel Zeit und Energie du für verschiedene Aktivitäten aufgewendet hast. Zudem können Checklisten dazu beitragen, das Gefühl für den persönlichen Mental Load zu schärfen. Dies kann dir helfen, Muster zu erkennen und besonders belastende Aufgaben zu identifizieren. All diese Methoden helfen dir, deine Belastung zu messen und Gegenmaßnahmen zu etablieren.
Wenn die Symptome von Mental Load dich in deinem Alltag belasten, kann es hilfreich sein, das Gespräch mit einer:m Expert:in zu suchen. Beispielsweise kannst du im Rahmen der psychologischen Beratung gemeinsam mit deinem:r Psycholog:in deinen Belastungen auf den Grund gehen und Strategien erlernen, wie du das Ausmaß deines Mental Loads senken kannst.
Risikogruppen für Mental Load
Grundsätzlich kann es bei jedem Menschen zu einem hohen Mental Load kommen, doch es gibt einige Personengruppen, die besonders gefährdet sind. Im Folgenden eine Auswahl besonders gefährdeter Risikogruppen und die jeweiligen Gründe:
- Mental Load bei Müttern: Die Elternschaft bringt zusätzliche Verantwortlichkeiten mit sich, von der Kinderbetreuung bis zur Haushaltsführung. Ein hoher Mental Load bei Müttern liegt besonders häufig vor, da sie traditionell mehr Aufgaben im Bereich der Kindererziehung und Haushaltsführung übernehmen bzw. es von ihnen erwartet wird, auch wenn sie gleichzeitig berufstätig sind.
- Mental Load bei Alleinerziehenden: Die Gruppe der Alleinerziehenden hat meist einen besonders hohen Mental Load, da sie die gesamte Last der Erziehung und Haushaltsführung ohne die Unterstützung eines:r Partner:in bewältigen muss. So kann Mental Load bei Alleinerziehenden zu einer erheblichen mentalen und emotionalen Belastung führen.
- Mental Load bei pflegenden Angehörigen: Menschen, die sich um kranke, geistig oder körperlich beeinträchtigte oder ältere Familienmitglieder kümmern, übernehmen häufig eine Vielzahl von Aufgaben, die von medizinischer Pflege bis hin zur Organisation des Alltags reichen. Diese ständige Sorge und Verantwortung kann zu einem hohen Mental Load führen.
- Mental Load bei Doppelbelastung durch Arbeit und Studium: Die Kombination von Arbeit und Studium erfordert erhebliche mentale Ressourcen, um beide Bereiche erfolgreich zu managen. Die Doppelbelastung kann zu Stress und einem Gefühl der Überforderung führen.
- Mental Load bei Personen in Führungsposition: Führungskräfte müssen eine Vielzahl von Aufgaben und Verantwortlichkeiten jonglieren, von der Personalverwaltung bis zur Projektsteuerung. Der Druck, ständig Entscheidungen treffen zu müssen und für das Wohl des Teams oder des Unternehmens verantwortlich zu sein, kann den Mental Load erheblich erhöhen.
Raus aus der Mental Load Falle – 7 Tipps gegen Mental Load
Du leidest unter Überforderung und möchtest raus aus der Mental Load Falle? Mental Load kann zwar überwältigend sein, aber es gibt effektive Strategien, um diese Belastungen zu managen und zu reduzieren. Hier sind einige Tipps, die dir helfen können:
Tipp #1: Prioritäten setzen
Mache dir bewusst, dass nicht alles sofort erledigt werden muss. Bestimme, welche Aufgaben zuerst gemacht werden müssen und welche warten können. Dies hilft dir, Überforderung zu vermeiden und den Fokus zu bewahren.
Tipp #2: Aufgaben delegieren
Teile Verantwortlichkeiten innerhalb deines Haushalts oder der Arbeit auf. Bitte deine:n Partner:in, Familienmitglieder oder Arbeitskolleg:innen um Unterstützung bei alltäglichen Aufgaben, um die Last zu verteilen.
Tipp #3: Routinen etablieren
Versuche Routinen zu etablieren und deinen Tagesablauf zu strukturieren. Plane feste Zeiten für Arbeit, Freizeit und Erholung ein, die dir helfen können, den Tag überschaubarer zu machen und Stress zu vermeiden.
Tipp #4: Zeit für sich einplanen
Vergiss bei all den Aufgaben und Herausforderungen nicht dich selbst! Regelmäßige Pausen und bewusst eingeplante Zeiten für Erholung oder Aktivitäten, die dir Freude bereiten, sind essentiell, um langfristig gesund und leistungsfähig zu sein.
Tipp #5: Grenzen setzen
Persönliche Grenzen zu setzen ist einer der wichtigsten Tipps, um deinen Mental Load zu verringern. Lerne, Nein zu sagen, wenn neue Aufgaben deine Kapazitäten übersteigen. Grenzen zu setzen hilft dir dabei, Überlastung zu vermeiden und deine mentale Gesundheit zu schützen.
Tipp #6: Self-Monitoring
Manchmal fühlst du zwar ganz klar die Auswirkungen deines Mental Loads, hast aber vielleicht gar keinen Überblick darüber, mit wie vielen Aufgaben du dich eigentlich tagtäglich konfrontiert siehst oder welche eigentlich die Überforderung verursachen. Daher kann es für dich von Vorteil sein, die Auslöser deines Mental Loads zu identifizieren und bewusster mit deiner Zeit und Energie umzugehen. Dabei kann dir beispielsweise das Schreiben eines Tagebuchs helfen.
Tipp #7: Hilfe in Anspruch nehmen
Wenn dein Mental Load überhand nimmt und belastend ist, kann professionelle Hilfe von einem:r Psycholog:in sinnvoll sein. Gemeinsam mit ihnen kannst du Strategien zum Umgang mit hohem Mental Load und zur Stressbewältigung erlernen. Finde jetzt den:die zu dir passende:n Psycholog:in.
Quellen: